André Kuper (CDU), Landtagspräsident von Nordrhein-Westfalen., © Guido Kirchner/dpa

75 Jahre Israel mit Charme-Offensive des Botschafters

Spitzen des Landtags und der Regierung Nordrhein-Westfalens haben zum 75. Jahrestag der Unabhängigkeit Israels ausdrücklich für die Freundschaft beider Länder gedankt. Sie sei nicht weniger als «ein Wunder» nach dem Menschheitsverbrechen Nazideutschlands, sagte Landtagspräsident André Kuper am Montag bei einer Feierstunde im Düsseldorfer Landtag. «Es ist ein Wunder, für das wir gearbeitet haben und jeden Tag weiter arbeiten müssen», unterstrich der Landtagspräsident in Anwesenheit des israelischen Botschafters Ron Prosor.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) sagte, nachdem der Zivilisationsbruch damals so viel jüdisches Leben auch in NRW fast vollständig vernichtet habe, sei es «ein historisches Glück und ein großes Geschenk», dass es heute wieder so vielfältig blühe. «Wir sind Freunde Israels, weil wir demokratische Grundwerte teilen», betonte der CDU-Politiker. Das Existenzrecht eines Staates und sein Recht auf Selbstverteidigung seien Fundamente der internationalen Ordnung. Das gelte für Israel ebenso wie für die Ukraine.

Auch im Nahen Osten gebe es noch zu viele Differenzen und Konflikte. Deutschland bleibe überzeugt, dass eine Zwei-Staaten-Lösung dem Ausgleich zwischen Israel und der arabischen Welt am besten diente. In Zeiten, in denen ein sinnloser Angriffskrieg auf europäischem Boden wüte, müsse Frieden das Ziel bleiben, so Wüst.

Der Staat Israel war am 14. Mai 1948 ausgerufen worden. Staatsgründer David Ben Gurion hatte damals in Tel Aviv die Unabhängigkeitserklärung verlesen.

Israels Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, forderte die Unterstützung der Bundesrepublik bei der «Verteidigung Israels gegen Dämonisierung und Delegitimation» ein. Das Bekenntnis Deutschlands, wonach der Schutz Israels Teil der Staatsräson sei, müsse mit Inhalt und Leben gefüllt werden, mahnte er.

Der israelische Diplomat brachte mit seiner mit viel Ironie gespickten Rede eine überraschende Leichtigkeit in die Feierstunde und setzte einen deutlichen Akzent auf die Zukunft, die Gemeinsamkeiten und die Jugend beider Länder. Es sei kein Zufall, dass er zu dem Anlass nach Nordrhein-Westfalen gekommen sei, erklärte der 64-jährige studierte Politologe.

NRW als Paradebeispiel

«Nordrhein-Westfalen hat wirklich ein tiefes und jahrzehntelanges Verhältnis zu Israel.» Dieses Verhältnis sei aus seiner Sicht «die Stunde Null der deutsch-israelischen Beziehungen» – zunächst mit einem Vertretungsbüro in Köln und anschließend mit der ersten israelischen Botschaft in Bonn. «Die Beziehungen von Nordrhein-Westfalen zu Israel sind wirklich ein Paradebeispiel für alle anderen Bundesländer.» Das gelte für den Jugendaustausch, zahlreiche Städtepartnerschaften ebenso wie für das NRW-Landesbüro in Tel Aviv.

Völkerverständigung zwischen Karneval und Fußball

Sein Büro beklage sich häufig, dass er so oft in NRW sei, erzählte Prosor augenzwinkernd. Aber nach seiner Teilnahme am Kölner Karneval sei ihm klar geworden, dass er noch viel häufiger kommen müsste. «Karneval in Köln habe ich verstanden», witzelte er – bis auf die Sache mit dem Schokolade werfen vom Karnevalswagen. «Jedes Mal habe ich gesagt: Das hätte ich ruhig essen können.» Im nächsten Jahr wolle er sich zum Vergleich den Karneval in Düsseldorf anschauen, kündigte der Diplomat unter Applaus des Landtags an.

Auch seine Kernbotschaft, in der Verteidigung des israelischen Existenzrechts nicht nachzulassen, versetzte Prosor mit einer Prise Humor. Es gebe eine Verantwortung, die Deutschland gegenüber dem Staat Israel nicht erfüllt habe, sagte er mit ernster Stimme in die betroffene Runde. «Das ist, uns Fußball beizubringen», löste er die Spannung auf. Seit 1970 habe Israel sich für keine Weltmeisterschaft qualifizieren können. «Es gibt Leute hier im Raum, die vielleicht dafür zuständig sind – und es gibt da Verantwortung.»

Gehört haben die ernsten ebenso wie die launigen Botschaften zahlreiche politische Hochkaräter, darunter mehrere ehemalige Landtags- und Ministerpräsidenten wie Armin Laschet und Jürgen Rüttgers (beide CDU). Auch Vertreter jüdischer Verbände, ein Schüler-Chor und zahlreiche weitere Gäste verfolgten die musikalisch untermalte Feierstunde. Nachdem die Klänge von Klavier und Klarinette verklungen waren, leitete Prosor seine Rede gleich mit einem Spruch seiner ehemaligen Klavierlehrerin ein: «Die Welt wird eine bessere Welt sein, wenn Du kein Klavier spielst.»

Des Pudels Kern

Politische Kritik an Israel blieb aus. All jene, die in der Feierstunde den Zeigefinger sehen, das «Aber» hören wollten, müsse er enttäuschen, sagte Kuper. Am Geburtstag halte man sich nichts vor, «was vielleicht auch zu sagen ist und an anderer Stelle gesagt werden muss».

Dass er ohnehin nicht auf jedermanns Belehrungen gesteigerten Wert legt, ließ Israels Chefdiplomat mit der spitzen Bemerkung erahnen: «Wir haben einen Pudel zuhause, der klüger ist als manche Leute, die ich kenne.»