Zwei Männer und eine Frau kämpfen um den Vorsitz der SPD-Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag. Nach dem Innenpolitikexperten Sven Wolf kündigten auch der Fraktionsvize Jochen Ott und die Parlamentarische Geschäftsführerin der Fraktion, Sarah Philipp, ihre Kandidaturen an, wie am Dienstag aus Fraktionskreisen verlautete. Der wichtige Posten des SPD-Oppositionsführers im Landtag wird frei, nachdem der amtierende Fraktionschef Thomas Kutschaty im März seinen Rückzug angekündigt hatte.
Am Dienstag endete die von Kutschaty angekündigte Bewerbungsfrist für seine Nachfolge. Die SPD-Fraktion will kommende Woche am 23. Mai ihre neue Führung wählen. Dass bis dahin noch ein weiterer Kandidat oder eine Kandidatin den Hut in den Ring wirft, wäre zwar möglich, gilt aber als wenig wahrscheinlich.
Die SPD stellt mit 56 Abgeordneten die größte Oppositionsfraktion im NRW-Landtag. Kutschaty (54) trat im März bereits als SPD-Landesparteichef zurück. Bei der Landtagswahl vor einem Jahr war die SPD auf einen historischen Tiefstand von 26,7 Prozent abgesackt. Kutschatys Rücktritt von den Spitzenämtern knapp ein Jahr nach der verlorenen Wahl gilt auch als Konsequenz aus der anhaltenden parteiinternen Kritik.
Die Duisburger Wirtschaftsgeografin Philipp (40) gehört dem Landtag seit 2012 an. Seit 2018 managt sie als Geschäftsführerin der SPD-Fraktion die Organisation der parlamentarischen Abläufe. «Die letzten zwölf Monate haben gezeigt, das NRW besser regiert werden kann und muss», sagte Phlipp auf dpa-Anfrage. «Ich traue mir diese Aufgabe zu. Gemeinsam mit der Fraktion gilt es einen Plan zu entwickeln, der uns zurück auf die Erfolgsspur führt.» Mit Blick auf die Wahl der neuen Fraktionsspitze sagte Philipp, sie freue sich auf eine «kollegiale und wertschätzende Auseinandersetzung mit meinen Kollegen».
Aufmerksamkeit erlangte Philipp im Zusammenhang mit der sogenannten Mallorca-Affäre um die frühere NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU). Im April 2022 wurde bekannt, dass ein Mitarbeiter Philipps versucht hatte, den Instagram-Account der minderjährigen Tochter Heinen-Essers auszuspähen. Heinen-Esser trat zurück, als bekannt wurde, dass sie inmitten der Flutkatastrophe im Juli 2021 zu einer Geburtstagsfeier nach Mallorca geflogen war.
Der Kölner Lehrer Jochen Ott (49) hat sich einen Ruf als angriffslustiger und scharfzüngiger Kritiker der Bildungspolitik der CDU-geführten Landesregierung erworben. Ott hatte vor seinem Einzug in den Landtag 2010 an der Gesamtschule in Brühl Geschichte, Sozialwissenschaften und Katholische Religion unterrichtet.
«Ich habe große Motivation gemeinsam in einem starken Team aus 56 für eine wieder erstarkende SPD zu sorgen», erklärte Ott. «Ich möchte, dass die Menschen sich auf die SPD in Nordrhein-Westfalen verlassen können.» Die SPD werde «immer an der Seite der ganz normalen Menschen stehen, und wir wollen gemeinsam NRW zum besten Zuhause für Familien machen».
Bereits vergangene Woche hatte Sven Wolf (47) als erster seine Bewerbung für die Nachfolge Kutschatys als Fraktionschef angekündigt. Der Jurist aus Remscheid hat sich einen Ruf als Aufklärer durch den Vorsitz in mehreren Untersuchungsausschüssen erworben. Derzeit ist er Vorsitzender des Untersuchungsausschusses zur Aufarbeitung der Flutkatastrophe in NRW im Sommer 2021.
Für die Nachfolge Kutschatys als SPD-Parteichef gibt es noch keine offiziellen Bewerbungen. Die Landes-SPD wählt bei einem Parteitag am 26. August ihre neue Führung.