Die Frau überlebte einen Mordanschlag dank einer Notoperation im Universitätsklinikum Düsseldorf. (Archivbild), © Martin Gerten/dpa

Ehemann soll Killer auf eigene Frau angesetzt haben

Als sie im Rollstuhl in den Gerichtssaal fährt und ihren mutmaßlichen Peiniger und Noch-Ehemann wiedersieht, ist ihr das Entsetzen ins Gesicht geschrieben. Die 45-Jährige bricht in Tränen aus. Es dauert einen Moment, bis sie sich wieder gefasst hat und am Düsseldorfer Landgericht als Zeugin aussagen kann. Sie sei zu 100 Prozent davon überzeugt, dass er hinter der Tat stecke, sagt sie dann mit fester Stimme. Schließlich habe er sie oft genug angekündigt. 

Auf der Anklagebank sitzt ein 46-Jähriger, der einen Auftragskiller auf seine eigene Frau angesetzt haben soll. Einen Mordanschlag mit 14 Messerstichen hatte die am 3. Mai knapp überlebt. Sie war zur Arbeit in Langenfeld bei Düsseldorf gefahren und hatte dort gerade aus dem Auto steigen wollen, als sich ein Mann angeschlichen, ihr Pfefferspray ins Gesicht gesprüht und dann auf sie eingestochen habe. Er flüchtet mit ihrer Handtasche samt Geldbörse.

Am sichergestellten Tatmesser war eine Mischspur der DNA ihres Mannes gesichert worden und an einer Trinkflasche, die an einem Reifen des Wagens lag. Die Anklage geht davon aus, dass der Messerstecher ein bezahlter Killer ist und das Messer vom Ehemann bekam. Doch der mutmaßliche Messerstecher ist flüchtig. 

Vorwurf: Anstiftung zum Mordversuch

Wegen Anstiftung zum Mordversuch und Anstiftung zum Raub muss sich der Ehemann daher alleine auf der Anklagebank verantworten. Verteidiger Torsten Timm beantragt unmittelbar nach Prozessbeginn die Freilassung seines Mandanten. Die Beweislage reiche für einen dringenden Tatverdacht nicht mehr aus. Die Anklage fuße auf Indizien und DNA-Mischspuren mit wenig Aussagekraft. Die DNA könne auch über das Auto, oder über die Kleidung der Frau an das Messer gekommen sein. Doch die beteuert, ihr Mann habe nie in ihrem Wagen gesessen. 

Das Gericht spielt die Video-Aufzeichnung eines Haftprüfungstermins vor. Zu hören ist, wie der Verdächtige beteuert, er hinterlasse doch nicht seine DNA an der Tatwaffe und an einer Flasche am Tatort. Er würde das doch ganz anders angehen.

«Wie denn?», fragt der Staatsanwalt und der Beschuldigte sagt: «Ich hätte das doch in der Türkei organisieren können. Das wäre noch günstiger gewesen.» Wie er das denn mit dem «noch günstiger» gemeint habe, will der Vorsitzende Richter Rainer Drees wissen. Das sei doch Gefasel seines Mandanten gewesen, sagt dessen Anwalt. 

Nicht der erste Mordauftrag?

Das Opfer berichtet dagegen von einer seltsamen Begebenheit: Es habe sich ein Mann anonym an sie gewandt und behauptet, ihr Ehemann habe ihn in der Türkei als Killer auf sie angesetzt, sei ihm aber die vereinbarte Summe schuldig geblieben. Gegen Geld will er Beweise für das Mordkomplott liefern. Doch dazu sei es nicht gekommen. 

Laut Anklage hatte sich die Frau von ihrem Ehemann trennen wollen, nachdem sie von seiner jahrelangen Untreue und einer Affäre erfahren hatte: «Er hat jahrelang eine Doppelehe geführt.» Daraufhin soll er ihr mehrfach gedroht haben, sie umbringen zu lassen. Im September 2023 hatte sie ihn wegen Morddrohungen und häuslicher Gewalt angezeigt und war dann ausgezogen. Außerdem hatte sie in der Türkei die Scheidung von ihrem Mann beantragt. Angeklagter und Opfer haben die türkische Staatsbürgerschaft, hatten in der Türkei geheiratet. 

Die Frau berichtet von einem jahrelangen Martyrium, Bedrohungen und Gewaltausbrüchen, zum Teil vor den Augen der beiden Söhne. «Er hat mir schon 2009 die Wirbelsäule gebrochen. Ich saß auf dem Boden, als er mich getreten hat», sagt die 45-Jährige. Damals habe sie sich noch nicht getraut, ihn anzuzeigen. 

Habgier als Motiv?

Ihr Mann habe zudem ein massives finanzielles Motiv: Er habe sie als Geschäftsführerin für sein Internetcafé in der Nähe des Düsseldorfer Hauptbahnhofs eingesetzt, berichtet sie. Sie sei aber nur die Strohfrau gewesen, habe immer alles unterschreiben müssen. Während er inzwischen 13 oder 14 Wohnungen in der Türkei besitze, seien ihr die Steuerschulden des Cafés in Höhe von etwa 500.000 Euro aufgebürdet worden. 

«Weil er nicht teilen wollte, wollte er mich umbringen lassen», sagt sie. Er werde nicht zulassen, dass sie sich mit seinem Geld mit anderen Männern vergnüge, habe er mehrfach gesagt. Sie habe aber darauf bestanden, dass er bei der Scheidung wenigstens die Schulden tilge, die er ihr aufgebürdet habe. 

Überfall in Nähe der Arbeitsstelle

Tatsächlich war die damals 44-Jährige Anfang Mai in ihrem Auto in der Nähe ihres Arbeitsplatzes in Langenfeld bei Düsseldorf überfallen und mit mehreren Messerstichen lebensgefährlich verletzt worden. 14 Messerstiche in Brust, Kopf, Nacken und Rücken zählte später die Rechtsmedizin. Die Frau überlebte dank einer Notoperation im Universitätsklinikum Düsseldorf. Doch ein Stich verletzte ihr Rückenmark. Seitdem sitzt sie im Rollstuhl. Der Prozess wird fortgesetzt.

Quelle: dpa