Eine Gedenkmauer in Kiew erinnert an gefallene ukrainische Militärangehörige., © Vadim Ghirda/AP/dpa

Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Die EU-Staaten haben sich nach monatelangen Verhandlungen auf eine Fortsetzung der gemeinsamen Finanzierung von militärischer Ausrüstung für die Ukraine verständigt. Nach der in Brüssel erzielten Einigung soll der Schritt die Lieferung von Waffen, Munition und anderen Gütern im Wert von mindestens fünf Milliarden Euro garantieren, wie aus Angaben der derzeitigen belgischen EU-Ratspräsidentschaft und mehrerer Diplomaten hervorgeht.

Dazu ist geplant, die Europäische Friedensfazilität (EFF) mit zusätzlichen Mitteln auszustatten. Über dieses Finanzierungsinstrument können den EU-Mitgliedstaaten Ausgaben für die militärische Unterstützung der von Russland angegriffenen Ukraine erstattet und gemeinsame Bestellungen bezahlt werden.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj richtete unterdessen in seiner abendlichen Videoansprache die Aufmerksamkeit auch auf die EU-Perspektive für sein Land, das seit einigen Monaten Beitrittskandidat ist. Ziel sei es, mit den offiziellen Beitrittsverhandlungen noch in der ersten Hälfte dieses Jahres zu beginnen, betonte er.

Selenskyj dankt Scholz für Unterstützung

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Bundeskanzler Olaf Scholz trotz der abgelehnten Lieferung von Taurus-Marschflugköpern für Deutschlands Militärhilfe gedankt. Es handele sich um eine vielfältige Unterstützung, sagte Selenskyj nach einem Telefonat mit Scholz in seiner am Donnerstagabend in Kiew verbreiteten abendlichen Videobotschaft. Geplant sei in Berlin im Juni zudem eine Wiederaufbaukonferenz für die Ukraine, wie es sie unter anderem schon in London gegeben hatte. 

Bei einem ausführlichen Gespräch mit Scholz hätten sich beide auch abgestimmt vor einem Treffen des sogenannten Weimarer Dreiecks an diesem Freitag in Berlin. Scholz empfängt Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron und Polens Regierungschef Donald Tusk zu Gesprächen. «Offensichtlich geht es bei dem Treffen vor allem um die Ukraine», sagte Selenskyj. Das Treffen findet vor dem Hintergrund massiver deutsch-französischer Differenzen in der Ukraine-Politik statt. Macron schließt die Entsendung von Bodentruppen in die Ukraine nicht aus, woraufhin Scholz mehrfach öffentlich widersprach. 

Nawalnaja: Putin ist ein Gangster

Kurz vor der Präsidentenwahl in Russland hat die Oppositionspolitikerin Julia Nawalnaja dazu aufgerufen, die absehbare Wiederwahl von Kremlchef Wladimir Putin international nicht anzuerkennen. «Leider sehen ihn zu viele Menschen im Westen immer noch als legitimen politischen Führer, diskutieren über seine Ideologie und suchen nach dem politischen Sinn seines Handelns», schrieb die Witwe des Mitte Februar in russischer Haft gestorbenen Regierungskritikers Alexej Nawalny in einem Gastbeitrag in der US-Zeitung «Washington Post». 

Sie schlug vor, den Kremlchef anders zu betrachten und daraus politische Schritte abzuleiten: «Putin ist kein Politiker, er ist ein Gangster», schrieb sie. Damit ließen sich seine Brutalität, sein Hang zum Luxus und der Wille zu töten erklären. Für einen Mafiaboss sei sein Status wichtig, deshalb solle das Ausland Putin nach der Wahl die internationale Anerkennung verweigern. Es gehe einem Gangster und seiner Umgebung auch um Geld. Deshalb sollten die Möglichkeiten zur Bereicherung für seinen engsten Kreis beschnitten werden, um Unzufriedenheit in der russischen Elite zu schüren, forderte sie.

London erwartet Herausforderungen für ukrainische Armee

Moskau konzentriere sich vor allem auf die Region westlich der eroberten Orte Awdijiwka und Marjinka im ostukrainischen Gebiet Donezk, hieß es in London weiter. In dieser Gegend seien 60 Prozent der Angriffe in den vergangenen vier Wochen registriert worden. Allerdings sei die Zahl der Attacken im Vergleich von durchschnittlich 600 pro Woche Ende Februar zurückgegangen. «Russland hat im Februar die Kontrolle über Awdijiwka und einige Dörfer westlich der Stadt übernommen, aber die Vorstöße haben sich seitdem verlangsamt.»

Österreich weist zwei russische Diplomaten aus

Österreich hat derweil zwei russische Diplomaten zu unerwünschten Personen erklärt. Die Betroffenen müssten das österreichische Staatsgebiet spätestens bis zum 19. März verlassen, teilte eine Sprecherin von Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) mit. Beide hätten «Handlungen gesetzt, die mit ihrem diplomatischen Status unvereinbar sind». Diese Formulierung wird in der Regel verwendet, wenn es um Geheimdiensttätigkeiten geht.

Russland meldet Toten und Verletzte in Grenzregion

In der russischen Grenzregion Belgorod sind Behördenangaben zufolge durch ukrainische Angriffe ein Mensch getötet und drei weitere verletzt worden. Bei dem Toten handele es sich um einen Autofahrer, bei den Verletzten um einen Mann und zwei Frauen, teilte der Gouverneur des Gebiets, Wjatscheslaw Gladkow, am Donnerstag auf Telegram mit. Er berichtete auch über Schäden an Gebäuden.

Das russische Verteidigungsministerium teilte unterdessen mit, es seien acht ukrainische Raketen im Anflug auf Belgorod von der Luftverteidigung abgeschossen worden. Unabhängig überprüfen ließ sich das zunächst nicht. Ob die Schäden durch herabfallende Trümmerteile verursacht wurden oder ob doch Geschosse durchkamen, war auf ersten Aufnahmen in sozialen Netzwerken nicht zu sehen. 

Was heute wichtig wird

Der Bundestag wird heute erneut über die Unterstützung der Ukraine mit dem deutschen Marschflugkörper Taurus debattieren. Die Union stellt ihren bereits im November erstmals beratenen Antrag zur Abstimmung, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, «unverzüglich» dieses weitreichende Waffensystem an die Ukraine abzugeben. Dies lehnt Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) jedoch ab, wie er zuletzt in der Regierungsbefragung des Bundestags erneut deutlich machte.

Quelle: dpa