Arbeiter räumen die Trümmer nach einem russischen Raketenangriff auf ein DTEK-Kraftwerk in der Ukraine auf., © Evgeniy Maloletka/AP/dpa

Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Nach massiven russischen Angriffen seit Mitte März ist der Großteil der ukrainischen Wärmekraftwerke zerstört oder unter russischer Kontrolle. Das lässt sich aus einer ukrainischen Medienrecherche und den Angaben von Unternehmen ableiten. «Nach dem letzten Beschuss und der Zerstörung des Tripyllja-Wärmekraftwerks hat das Staatsunternehmen Zentrenerho einhundert Prozent seiner Stromerzeugungskapazitäten verloren», schrieb das Online-Nachrichtenportal Ukrajinska Prawda.

Zuvor war bereits das Wärmekraftwerk bei Smijiw im ostukrainischen Gebiet Charkiw zerstört worden. Seit Sommer 2022 ist das ebenso zu Zentrenerho gehörende Kraftwerk Wuhlehirsk im Gebiet Donezk unter russischer Kontrolle.

Nach Angaben des größten privaten Energieunternehmens DTEK sind fünf seiner sechs Kraftwerke zumindest stark beschädigt. Nur 20 Prozent der Kapazitäten zur Stromproduktion seien intakt. Die Ukrajinska Prawda geht nach den neuerlichen Angriffen davon aus, dass es eher weniger sind. 

Beim dritten Betreiber von Wärmekraftwerken, Donbassenerho, ist die Situation nicht besser. Das Kraftwerk bei Starobeschewe im Gebiet Donezk ist der Recherche zufolge bereits seit 2015 unter Kontrolle der prorussischen Separatisten. Das zweite Kraftwerk des Unternehmens bei Slowjansk werde regelmäßig beschossen, hieß es.

Wärmekraftwerke verbrennen Kohle, Heizöl oder Gas, um Strom zu erzeugen. Der Großteil der ukrainischen Wärmekraftwerksblöcke wird mit Kohle betrieben.

Angriffe mit 17 Kampfdrohnen

In der Nacht zum Freitag griff das russische Militär erneut Ziele in der Ukraine mit nach ukrainischen Angaben 17 Kampfdrohnen iranischer Bauart und einer Rakete an. 16 der Drohnen seien dabei abgefangen worden. Dem Energieministerium zufolge wurde dennoch ein Umspannwerk im Gebiet Dnipropetrowsk beschädigt.

Scholz: Gespräch mit Putin derzeit nicht sinnvoll

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hält Gespräche mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin über ein Ende des Ukraine-Krieges derzeit nicht für zielführend. «Solche Gespräche sind dann sinnvoll, wenn man das Gefühl hat, etwas bewirken zu können. Die russische Kriegsführung spricht aktuell dagegen, sagte der SPD-Politiker der «wochentaz». Der Kanzler verwies darauf, dass er in der Vergangenheit einige Gespräche mit Putin geführt habe, was mitunter kritisch beäugt worden sei. «Und ich schließe weitere Gespräche für die Zukunft nicht aus», fügte er hinzu. Scholz hat nach eigener Aussage zuletzt im Dezember 2022 mit Putin geredet.

Auf die Frage, wann ein Gespräch wieder sinnvoll sei, sagte der Kanzler: «Auf alle Fälle, wenn Russland einsieht, dass es keinen Diktatfrieden geben wird, und Putin erkennt, dass er seinen Feldzug abbrechen und Truppen zurückziehen muss.»   

Niederlande erhöhen Hilfe für Ukraine auf drei Milliarden Euro

Die Niederlande erhöhen ihre Hilfe für die Ukraine in diesem Jahr von zwei auf drei Milliarden Euro. «Die Ukraine hat mehr nötig, um sich selber zu schützen», teilte Premierminister Mark Rutte in Den Haag mit und verwies dabei auf die anhaltenden russischen Angriffe auf die Energieversorgung und auf Städte in der Ukraine. Deswegen habe er dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in einem Gespräch eine Aufstockung der niederländischen Unterstützung zugesichert. Beschlossen worden sei außerdem, der Ukraine im folgenden Jahr drei Milliarden Euro an Militärhilfe zur Verfügung zu stellen.

Nur einer von zehn erwartet laut Umfrage Sieg der Ukraine

Nur einer von zehn Menschen in Deutschland erwartet einen Sieg der Ukraine in ihrem Verteidigungskampf gegen Russland. Dies zeigt das neue ZDF-«Politbarometer». 82 Prozent sind dagegen skeptisch, dass die Ukraine den Krieg mithilfe westlicher Waffenhilfe gewinnen kann. Der Rest zu 100 Prozent antwortete mit «weiß nicht». Im August lag der Anteil der Skeptiker noch bei 70 Prozent.

Auch ist die Angst gewachsen, dass es in Europa zu einem militärischen Konflikt kommt, in den die Bundeswehr verwickelt wird. Im November äußerten deswegen noch 39 Prozent große oder sehr große Sorgen, jetzt sind es 53 Prozent (keine große Sorge: 45 Prozent; November: 58 Prozent; Rest «weiß nicht»).

Mit 70 Prozent befürwortet eine klare Mehrheit der Befragten eine bessere finanzielle Ausstattung der Bundeswehr – auch wenn dadurch in anderen Bereichen eingespart werden muss. Lediglich 23 Prozent sprechen sich gegen mehr Geld für die Bundeswehr aus (Rest zu 100 Prozent «weiß nicht»). Dies erklärt sich laut ZDF-«Politbarometer» auch daraus, dass nur 13 Prozent der Deutschen die Bundeswehr als Teil der Nato im Verteidigungsfall gut aufgestellt sehen. 79 Prozent und Mehrheiten in allen Parteianhängergruppen verneinen das.

Gestiegen ist die Forderung nach mehr militärischer Hilfe für die Ukraine:  Nach 33 Prozent im Februar sind jetzt 42 Prozent der Befragten für eine stärkere Unterstützung. Für 31 Prozent soll es beim bisherigen Umfang bleiben (Februar: 33 Prozent). Und nur 22 Prozent (Februar 28 Prozent) wollen, dass der Westen die Ukraine in Zukunft militärisch weniger unterstützt.

Einem Beitritt des Landes zur Nato nach dem Ende des Krieges stehen 55 Prozent der Befragten positiv gegenüber, darunter die meisten Anhänger von SPD, Union, Grünen, FDP und Linke. Insgesamt 36 Prozent lehnen das ab.

Quelle: dpa