Wegen der schwachen Entwicklung der Wirtschaft und der Steuereinnahmen hat sich die nordrhein-westfälische Regierung im Landtag einen milliardenschweren Nachschlag zum laufenden Haushalt genehmigen lassen. (Symbolbild) , © Oliver Berg/dpa

Landtag genehmigt Milliarden-Neuverschuldung für 2024

Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen von CDU und Grünen hat der nordrhein-westfälische Landtag der Regierung einen Nachschlag zum Haushaltsbudget 2024 gewährt. Aufgrund der schlechten konjunkturellen Entwicklung und sinkender Steuereinnahme-Erwartungen sei das derzeit nicht zu vermeiden, sagte NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) im Düsseldorfer Landtag.

Die Oppositionsfraktionen von SPD, FDP und AfD zweifeln das an und stimmten gegen das Nachtragshaushaltsgesetz. Aus ihrer Sicht hat das Land noch frei verfügbare Mittel in Milliardenhöhe, die verwendet werden könnten, um neue Schulden zu vermeiden. Der Finanzminister widersprach.

Erstmals will die Landesregierung eine Konjunkturkomponente der sogenannten Schuldenbremse nutzen, um innerhalb der verfassungsrechtlichen Grenzen neue Kredite aufnehmen zu können. Mit dem Nachtrag stehen dafür maximal rund 2,3 Milliarden Euro zur Verfügung. Der Gesamtetat für das laufende Jahr liegt bei 102,8 Milliarden Euro.

Keine Schulden für irgendwas Schönes oder doch «Reptilienfonds»

Die Landesregierung werde nur das absolut Nötige aus diesem Rahmen in Anspruch nehmen, versicherte der Finanzminister. Es gehe nicht darum, «noch irgendwie etwas Schönes für die Koalition zu tun».

Der SPD-Abgeordnete Christian Dahm warf der Landesregierung hingegen vor, sie habe noch sieben Milliarden Euro an ungenutzten sogenannten Selbstbewirtschaftungsmitteln, die sie nutzen könnte, um neue Schulden zu vermeiden. «Sie schaffen sich einen Reptilienfonds für die nächsten Jahre», sagte Dahm. Damit solle für die zweite Hälfte der Wahlperiode «mehr Beinfreiheit» für schwarz-grüne Koalitionsvorhaben organisiert werden.

Eine solche «Spardose» gebe es nicht, versicherte der Finanzminister. Tatsächlich seien im aktuellen Stammhaushalt bereits 860 Millionen solcher Mittel zurückgeführt worden, um keine unnötigen Schulden zu machen. Eine Rückführung von weiteren 2,5 Milliarden Euro an Selbstbewirtschaftungsmitteln stünden schon im Haushaltsentwurf für 2025. Es müssten aber auch Ressourcen für die Co-Finanzierung von Bundes- oder EU-Programmen vorgehalten werden. 

Gleichzeitig sei doch Konsens, «dass wir unser Personal anständig bezahlen wollen» und dass bei Investitionen nicht gekürzt werden solle. Insofern solle die Opposition konkrete Vorschläge machen, welche Summe in welchem Haushaltstitel entnommen werden sollte. «Ansonsten ist das hier eine Nebelkerze.»

Sicherheitspaket nach Solingen-Anschlag 

Im Nachtragshaushalt sind unter anderem Sicherheitsmaßnahmen finanziell hinterlegt, die die Landesregierung kurz nach dem mutmaßlich islamistisch motivierten tödlichen Messer-Angriff im August in Solingen beschlossen hatte. Der Maßnahmenkatalog sieht etwa drei zusätzliche Asylkammern bei den Verwaltungsgerichten vor, erweiterte Zuständigkeiten der fünf zentralen Ausländerbehörden sowie eine stärkere Terrorismusprävention durch Bekämpfung der Finanzkriminalität und der Terrorfinanzierung. Laut Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) sind für das Sicherheitspaket insgesamt 400 Millionen Euro vorgesehen. 

Der CDU-Abgeordnete Olaf Lehne wies in der Debatte darauf hin, dass neben dem Bund 13 von 16 Bundesländern von der Konjunkturkomponente Gebrauch machten. Nur so seien harte Einschnitte in zentralen Bereichen zu vermeiden. 

Der FDP-Abgeordnete Ralf Witzel forderte die Landesregierung auf, die richtigen Prioritäten zu setzen, um Schulden zu vermeiden. «Sie haben nämlich in Nordrhein-Westfalen weiterhin stark steigende Steuereinnahmen. Sie steigen nur eben nicht mehr ganz so stark wie erhofft.»

Der AfD-Abgeordnete Hartmut Beucker argumentierte, wer die Neuverschuldung mit der schwachen Konjunktur begründe, werde auf absehbare Zeit nicht aus der Schuldenmacherei herauskommen. Der Grünen-Abgeordnete Simon Rock warf der Opposition eine «populistische Darstellung» vor.

Quelle: dpa