Viele Kinder und Jugendliche in Deutschland haben einer Studie zufolge schon Erfahrungen mit Pornos oder Sexting gemacht. Rund 42 Prozent der 3.000 bundesweit befragten 11- bis 17-Jährigen gaben an, bereits einen Porno gesehen zu haben. Das bedeutet einen deutlichen Anstieg: Im Vorjahr hatten das 35 Prozent gesagt, wie aus der repräsentativen Befragung der Landesanstalt für Medien NRW hervorgeht. Besorgniserregend sei, dass der Anstieg auf die starke Zunahme bei den besonders jungen Befragten – Kindern im Alter von 11 bis 13 Jahren – zurückgeht.
«Pornos sind kein Kinderprogramm. Und doch kommen Kinder und Jugendliche heute schon deutlich vor ihrer Volljährigkeit mit ihnen in Kontakt – mehr als das, sie stellen auch immer öfter selbst pornografisches Material her und verschicken es», berichtete die Medienanstalt. Dieses Phänomen des Sexting sei durchaus weit verbreitet: 25 Prozent der Befragten gaben an, schon mal eine Textnachricht mit sexuellem Inhalt, Nacktbilder, Nacktvideos oder auch Emojis mit eindeutigen sexuellen Absichten erhalten zu haben.
Erstkontakt ist oft zufällig oder unfreiwillig
Für Eltern oder Lehrkräfte sei es kaum vorstellbar, wie einfach Kinder und Jugendliche heute an Pornografie kommen und vor allem auch selbst solches Material online versenden, sagte Medienanstalt-Direktor Tobias Schmid in Düsseldorf. «Aber die Studie zeigt es eindeutig: Das passiert. Wir sind gefordert, Minderjährige zu schützen.»
Der Erstkontakt mit Pornos geschehe häufig unfreiwillig oder zufällig – und meistens im Alter von 12 bis 15 Jahren, wie die Medienanstalt hervorhob. In der Gruppe derer, die angab, Erfahrung mit Pornos gemacht zu haben, sagte gut die Hälfte auch, das lediglich «1- oder 2-Mal gemacht» zu haben. Nur wenige Befragten schauen also regelmäßig Pornos, schilderte die Medienanstalt. Den allermeisten falle es schwer, das Gesehene einzuordnen.
Hängen Pornokonsum um Sexting zusammen?
Man könne zwar keinen klaren Zusammenhang zwischen frühem Pornokonsum und dem Kontakt mit selbsterstelltem pornografischen Material nachweisen, aber der Verdacht sei naheliegend, denn: Rund 42 Prozent der Minderjährigen, die angaben, einen Porno gesehen zu haben und zugleich auch zu «sexten», lassen sich nach eigener Aussage durch Pornos für ihr Sextingverhalten inspirieren. «Die Befragten lassen also das, was sie in Pornos entdecken, in ihr eigenes Verhalten einfließen», folgerte die Behörde. Allerdings ergab die Befragung auch: Fast die Hälfte der Minderjährigen mit Porno-Erfahrung – 48 Prozent – stimmten der Aussage zu: «Ich habe Dinge in Pornos gesehen, die ich lieber nicht gesehen hätte.»
Von den 25 Prozent unter den 3.000 Befragten, die schon einmal eine Sexting-Nachricht erhalten hatten, war das in den allermeisten Fällen – 79 Prozent – unaufgefordert geschehen. Hingegen sagten nur 9 Prozent, dass sie selbst eine Sexting-Nachricht verschickt haben – Jungen dabei etwas häufiger als Mädchen.
In dieser recht kleinen Gruppe nannten als Motivation etwa jeweils ein Drittel der Jungen und Mädchen, dass sie «nur so aus Spaß» sexten oder aber, um zu flirten oder um dem Freund/der Freundin «ein ganz persönliches Bild/Video» zu schicken. Es zeigte sich allerdings auch, dass die Empfängerinnen und Empfänger den Versendenden häufig nicht persönlich bekannt waren.
Für Sexting ist WhatsApp das bevorzugte Medium
Als Plattform für Sexting habe WhatsApp seine Dominanz im Vergleich zum Vorjahr – 2023 hatte die Behörde die erste Studie dieser Art durchgeführt – noch einmal ausgebaut. Es sei anzunehmen, dass die Funktion des Gruppenchats bei Whatsapp zu einem generellen Anstieg an Kommunikation mit persönlich nicht bekannten Personen führe, schilderte die Landesanstalt. Dagegen habe Snapchat vor allem bei älteren Mädchen als Sexting-Medium an Beliebtheit eingebüßt.
Schmid mahnte, es brauche mehr Aufklärung, Anlaufstellen im Alltag und einen zuverlässigen Jugendmedienschutz im Digitalen. «Mit Angeboten wie den Medienscouts NRW und unserem Vorgehen gegen den fehlenden Jugendschutz bei den größten Pornoplattformen der Welt nehmen wir uns dem Thema an.»
Quelle: dpa