Essens Polizeipräsident Andreas Stüve ist zuversichtlich, dass der Staat die Bildung neuer syrischer Clans noch eindämmen kann. «Wir dürfen jetzt nicht die gleichen Fehler machen wie in den 80er Jahren mit den Libanesen, die zu uns gekommen sind und die man mehr oder weniger sich selbst überlassen hat. Andernfalls bilden und verfestigen sich auch die Syrer-Clans ähnlich und schotten sich von der Gesellschaft ab», sagte Stüve der «Rheinischen Post» (Dienstag). «Wichtigste Aufgabe ist es daher, die erste Generation der hier lebenden Syrer gut zu integrieren.»
In der Stadt Essen, die als Clan-Hochburg in NRW gilt, nimmt die Polizei kriminelle syrische Familienstrukturen seit einigen Wochen gezielt in den Blick. «Wir müssen herausfinden, in welchen Stadtteilen die Syrer-Clans genau leben. Wir müssen wissen, wie sie gesteuert werden – und von wem. Zudem wissen wir auch noch zu wenig über deren Geschäftsfelder und ob die bisherigen Konflikte mit den etablierten Clans daher rühren», sagte der Polizeipräsident.
Im Juni hatte es in Essen einen Gewaltausbruch im Clanmilieu gegeben. Zwei größere Personengruppen mit syrischer und libanesischer Nationalität waren in der Innenstadt brutal aufeinander losgegangen. Als Auslöser vermuteten die Ermittler einen Streit unter Großfamilien. Stüve hatte daraufhin eine Organisationseinheit für den Bereich Clankriminalität durch Syrer bei der Essener Polizei gegründet.
Die syrische Community in Essen werde durch Zuwanderung derzeit immer größer. Trotzdem seien nur die wenigsten eingewanderten Syrer auch kriminell oder dem Clanmilieu zuzuordnen, betonte Stüve. «Unsere Aufgabe als Polizei besteht deshalb auch darin, genau herauszufinden, wer von denen kriminell ist und wer nicht.»
Als Clankriminalität bezeichnen die Behörden Straftaten, die sich aus ethnisch abgeschotteten Subkulturen heraus entwickeln. Meist stammen die Täter in Nordrhein-Westfalen aus türkisch-arabischstämmigen Großfamilien. Laut Landeskriminalamt gibt es bei jedem fünften Verfahren im Bereich der organisierten Kriminalität Bezüge zu Familienclans.