Der designierte US-Präsident Donald Trump hat mit seiner Ankündigung hoher Zölle für Waren aus Mexiko, Kanada und China die Besorgnis in Berlin und der EU verstärkt.
Der scheidende EU-Außenbeauftragte Josep Borrell warnte vor einem Handelskrieg und betonte zugleich die Abwehrbereitschaft der Europäer: «Wir sind bereit, Gegenmaßnahmen zu ergreifen», drohte er am Rande eines Außenminister-Treffens sieben führender Industrienationen (G7) im italienischen Fiuggi.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck warnte: Am Ende würden alle verlieren, auch die USA. Die EU müsse geschlossen reagieren, «sich nicht zerlegen in zwei oder drei Länderblöcke, sondern als Europa gemeinsam sprechen», mahnte er auf einer Industriekonferenz in Berlin.
Auch die deutsche Industrie ist besorgt. «Wir können im Prinzip darauf warten, bis die EU, bis Deutschland auf der Liste erscheinen. Das würde uns massiv schaden», sagte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Siegfried Russwurm. Der Wettbewerbsdruck auf Deutschland und Europa würde dann zusätzlich erhöht.
Trumps Anordnungen am ersten Tag
Trump will bereits an seinem ersten Amtstag hohe Importzölle auf alle Waren aus Mexiko und Kanada verhängen sowie zusätzliche Zölle auf Waren aus China. Das werde er am 20. Januar als eine seiner ersten Anordnungen auf den Weg bringen, erklärte Trump auf der von ihm mitbegründeten Plattform Truth Social. Zölle sind eine Art Zuschlag auf importierte Waren. Sie werden an der Grenze fällig.
Auf Waren aus Mexiko und Kanada sollen Zölle von 25 Prozent gelten. Das begründete der designierte US-Präsident mit Einwanderern, die Kriminalität und Drogen mit über diese beiden Grenzen in die USA brächten. Bis das aufhöre, sollten die Zölle in Kraft bleiben. Sowohl Kanada als auch Mexiko hätten die Macht, das Problem zu lösen. «Wir fordern sie hiermit auf, ihre Macht zu nutzen», so Trump.
Auf Waren aus China sollen zusätzliche Zölle von 10 Prozent gelten. Auch dies begründete Trump damit, dass Drogen wie das tödliche Fentanyl aus dem Land in die USA gelangten. China habe zwar angekündigt, dagegen vorzugehen, dies aber nicht getan. Der noch amtierende US-Präsident Joe Biden hatte Chinas Staatschef Xi Jinping am Rande des Gipfels der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (Apec) in der peruanischen Hauptstadt Lima vor gut einer Woche getroffen. Xi hatte Biden dort versichert, auch mit der künftigen US-Regierung unter Trump zusammenarbeiten zu wollen.
Chinas Warnungen
Ein Sprecher der chinesischen Botschaft in Washington warnte vor einem Handelskonflikt. «Niemand wird einen Handelskrieg oder einen Zollkrieg gewinnen», schrieb Liu Pengyu auf der Plattform X. Die Wirtschafts- und Handelskooperation zwischen China und den USA sei für beide Seiten von Vorteil. Im Kampf beider Staaten gegen die Droge Fentanyl habe es zudem Fortschritte gegeben.
Die kanadische Regierung betonte in einer auf X verbreiteten Stellungnahme die enge Verflechtung der beiden Volkswirtschaften. Es handle sich um eine «ausgewogene und für beide Seiten vorteilhafte Beziehung». Kanada kaufe mehr Waren aus den USA als aus China, Japan, Frankreich und Großbritannien zusammen. Zudem stammten etwa 60 Prozent der US-Ölimporte aus Kanada. Die «New York Times» berichtete, Kanadas Premierminister Justin Trudeau habe unmittelbar nach Trumps Ankündigung mit diesem gesprochen.
Trumps Wahl-Versprechungen
Trump hatte bereits im Wahlkampf weitreichende Zölle angekündigt. Er argumentiert, dass US-Firmen dann wieder stärker in den USA produzierten und damit Arbeitsplätze geschaffen würden. Es ist die klassische «America First»-Politik, die der Republikaner schon während seiner ersten Amtszeit verfolgt hat.
Auch der demokratische US-Präsident Biden hat auf Protektionismus gesetzt. Er behielt nicht nur Trumps China-Zölle größtenteils bei, sondern verhängte auch neue Zölle – etwa auf Elektroautos. Während Biden sich relativ zielgerichtet auf bestimmte Branchen konzentrierte, sind die von Trump angekündigten Zölle weitreichender.
Folgen für die Inflation
Zahlreiche Fachleute fürchten, dass diese Abschottungspolitik zu höheren Preisen führt, denn viele Güter aus dem Ausland lassen sich nicht von heute auf morgen in den USA produzieren. Unternehmen sind also bei der Produktion weiter auf Importe aus dem Ausland angewiesen – Einfuhrzölle erhöhen dann die Kosten. Es wird erwartet, dass Unternehmen diese Kosten an die Konsumenten weitergeben. Außerdem dürften betroffene Länder mit Gegenzöllen reagieren – das wiederum ist schlecht für exportierende US-Unternehmen.
Handelskonflikte aus Trumps erster Amtszeit
Washington und Peking sind seit Jahren in einen Handelskonflikt verstrickt. Die USA verhängten auch Wirtschaftssanktionen und Exportbeschränkungen, um Peking den Zugang zu US-Technologie zu erschweren, und beschränkten US-Investitionen in China.
Auch gegen bestimmte Produkte aus Mexiko und Kanada wie Stahl und Aluminium hatte Trump während seiner ersten Amtszeit Zölle verhängt. Immer wieder führte er mit beiden Ländern Auseinandersetzungen und stellte Bedingungen, um Strafzölle noch abzuwenden.
Quelle: dpa